Samstag, Dezember 20

Beeinflusst die Kultur das Evangelium?

Mit dieser Fragestellung hatte ich in meiner letzten Arbeit zu tun, oder besser gesagt damit,in wie weit die Kultur die Verkündigung des Evangeliums beeinflusst.
Die Fragestellung an sich war für mich schon von großem Interesse, da ich in den verschiedenen Gemeindeformen, die ich bisher kennengelernt habe, auf die unterschiedlichsten Umgangsformen mit Kultur und ihrer Umgebung gestossen bin. Einige dieser Gemeinden entwickelten eine Paralelkultur, in der die "weltliche" Kultur als schlechter Einfluss abgelehnt wurde, andere versuchten sich in ihrem Programm komplett auf die sie umgebende Kultur einzustellen um so Kirchenferne zu erreichen. Diese beiden Pole scheinen im groben die Einstellung der Gemeinden gegenüber Kultur wiederzugeben. Auch wenn die Radikalität, in der die jeweilige Richtung verfolgt wird, variiert, so merke ich doch in den verschiedensten Gesprächen, dass sich die meisten relativ schnell einem der beiden Pole zuordnen und für die entsprechende Sichtweise Stellung beziehen.
Welchen Stellenwert nimmt Kultur für uns ein und wie sollten wir dementsprechend mit ihr umgehen (bezogen auf unseren christlichen Glauben)?
Der Schlüssel zu dieser Fragestellung findet sich meiner Meinung nach nicht in einer Patentlösung, sondern in dem wie Gott mit Kultur Umgegangen ist und in dem, wie wir durch ihn, anhand der überlieferten Schriften, aufgefordert werden es ihm gleichzutuen.
Meine Kurze Zusammenfassung möchte ich hier mit der recht simplen Begriffsdefinition von Käser über die Kultur beginnen: "Kulturen sind Strategien zur Gestaltung des menschlichen Daseins."
Marcus Splitt vertieft diese Definition in seiner Arbeit über Kontextualisierung im postmodernen Pluralismus etwas weiter, in dem er das menschliche Dasein auf innere und äußere Arbeit aufteilt. Die innere Arbeit umfasst dabei das Entwickeln einer Moral und der Gesetze die eine Kultur hat, sowie Glaubensinhalte und Weltanschauung, während die äußere Arbeit offensichtliche Merkmale wie Werkzeuge, Produkte, Sprache und Verhalten darstellt.
Wenn Gott also mit uns Menschen kommunizieren will wird anhand dieser definition schnell klar, dass, allein schon der Sprache wegen, Gott sich auf die Kultur, in die er spricht, einlassen und sich ihrer bedienen muss, um verstanden zu werden.
Die Bibel bestätigt dieses Einlassen auf die Kultur, und das Vermitteln des Evangeliums durch die Kultur in den verschiedensten Facetten, und erreicht ihren Höhepunkt, was diesen Aspekt angeht, in der Menschwerdung Gottes, und damit dem personellen eintauchen Gottes in die menschliche Kultur. Doch auch wenn Gottes Reden in seinen Bildern, in der Sprache, und zuletzt in der Person Jesu sich immer der Kultur annimmt und die jeweilige Kultur damit zum Teil des göttlichen Reden wird, so währe die Schlussfolgerung, Kultur generell positiv zu sehen und sich ihrer in allem zu bedienen, einseitig und falsch.
Gott bedient sich zwar der jeweiligen Kultur in die er spricht, wendet sich jedoch in den Dingen die er sagt und die er in Christus tut nicht selten gegen Grundsätze und Handlungsweisen der Kultur. Als Beispiel dafür sei Jesu Wirken am Sabbat genannt, sein Auftreten im Tempelhof oder aber der Umgang mit dem griechischen Dualismus von Körper und Geist, von Seiten des Paulus.
Um es kurz zu machen: Von dem wie weit ich die biblischen Schriften auswerte ergibt sich von dem Handeln Gottes die Aufforderung an uns, uns mit der uns umgebenden Kultur zu beschäftigen und uns auf sie einzulassen, um durch sie (und in ihr) die Botschaft Gottes zu vermitteln. Gleichzeitig stehen wir vor der Aufgabe, Mißstände in der Kultur nicht zu übersehen, sondern uns gegen sie zu stellen um so Gott, mit seinen Maßstäben, Einfluss auf unsere Kultur nehmen zu lassen. Wichtig ist bei dem, daß wir Gottes Reden mit in seinem kulturellen Bezug verstehen, damit wir nicht die vergangene Kultur (mit ihren Traditionen), durch die Gott sprach, für uns zum Masstab zu machen.